Katharina Thoma inszeniert das Intermezzo „La Serva padrona“, aber die Kombination mit dem berühmten „Stabat mater“ kann nicht durchweg überzeugen.
Von Bernd Zegowitz
Serpina (Simone Osborne) und Uberto (Gordon Binter) auf der Bühne in Frankfurt.
(Foto: Barbara Aumüller)
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FRANKFURT - Ein alter Mann und eine junge Frau, das ist zumindest in der Oper ein Gegensatz, aus dem sich eine Liebesintrige entwickeln lässt, die bevorzugt von einem Bass und einem Sopran ausgetragen wird. In der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts gibt es dann meist einen jungen Mann, einen Tenor natürlich, der viel besser zu der jungen Frau passt und diese schließlich nach zahlreichen Verwirrungen und Verwechslungen auch bekommt.
Bei Giovanni Battista Pergolesi, also im frühen 18. Jahrhundert, ist das anders. In dem zweiteiligen Intermezzo „La Serva padrona“ gibt sich der alte Uberto erst nach fünf Niederlagen in fünf Konfrontationen mit seiner jungen Dienerin Serpina geschlagen und willigt in eine Heirat ein. Natürlich liebt er sie längst, nur weiß er das halt anfangs nicht. Sie weiß es um so besser und sorgt dafür, dass er Klarheit über seine Empfindungen gewinnt.
Die Regisseurin der neuen Frankfurter Produktion, Katharina Thoma, greift leicht modifizierend in die Handlung ein. Sie interessiert weniger jung gegen alt, Dienerin gegen Herr, Frau gegen Mann. Bei ihr haben der katholische Priester Uberto und seine Haushälterin Serpina seit längerem eine auch sexuelle Beziehung, von der nur der Diener Vespone weiß. Den gar nicht so Alten gilt es nun dazu zu bringen, in der Öffentlichkeit zu dieser Beziehung zu stehen, auch weil die junge Frau schwanger ist. Für ihn würde dies natürlich die Suspension vom priesterlichen Amt bedeuten. Beides – Schwangerschaft und Verlust des Arbeitsplatzes – schärft den Konflikt, macht ihn zu einem existentiellen. Auf dieser Grundierung läuft die komische Handlung ab, die Thoma in einem mit nur wenigen Requisiten ausgestatteten priesterlichen Haushalt (Bühne: Etienne Pluss) spielen lässt.
Gordon Bintner ist ein durchaus ansehnlicher Uberto, kein Bass, sondern ein Bariton, der seine gesteigerte Agilität auch stimmlich auszudrücken vermag, und Simone Osborne ist eine mit allen Wassern gewaschene Serpina, die Körper, Geist und Stimme virtuos einzusetzen vermag, um aus dem Diener Gottes einen verantwortungsvollen und selbständig handelnden Menschen zu machen.
Der Versuch, an die Opernhandlung das berühmte „Stabat mater“ desselben Komponisten anzuschließen, überzeugt dann nicht recht. Das liegt nicht in erster Linie an der Musik oder am Dirigat. Ganz im Gegenteil. Karsten Januschke und das Museumsorchester verstehen sich auf die Sprache der Musik des 18. Jahrhunderts, rhetorisch ist das bis ins kleinste Detail ausgefeilt und auch jedes Komma, jedes Ausrufezeichen sitzt an der richtigen Stelle. Es liegt vielmehr an der Szene: Die beiden von Irina Bartels in barocke Kostüme gepackten Frauen, Monika Buczkowska (Sopran) und Kelsey Lauritano (Mezzosopran), die sich immer stärker mit der Gottesmutter Maria und dem Leid Jesu identifizieren, lassen sich von der Realität ihrer Umgebung, der konkreten Not von Menschen der Gegenwart nicht affizieren. Doch die erhoffte Spannung zwischen Pergolesis Text und Musik auf der einen und der szenischen Komplementärebene auf der anderen Seite verpufft im brav choreographierten rührigen Gewusel auf der Bühne. Wieviel subtiler ist da der erste Teil!