Wiedersehensfreude: Die Deutsche Philharmonie Merck in der Basilika
Mit der Solistin Kristine Balanas kehrt die Deutsche Philharmonie Merck im Kloster Eberbach nach sechseinhalb Monaten Pause aufs Podium zurück. Die Wiedersehensfreude schien greifbar.
Von Johannes Breckner
Redaktionsleiter Bergsträßer Echo
Feinarbeit am guten Ton: die lettische Musikerin Kristine Balanas beim Konzert in Kloster Eberbach.
(Foto: Jochen Kratschmer)
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KLOSTER EBERBACH - Vielleicht kann man ja hören, ob ein Orchester gut gelaunt ist. Vor allem aber sieht man es: Beim ersten Auftritt der Deutschen Philharmonie Merck nach sechseinhalb Monaten Pause schien die Wiedersehensfreude mit Händen greifbar. Auch beim begeistert applaudierenden Stammpublikum dieses Orchesters; mit großem Abstand und einem ausgefuchsten Hygienekonzept hatten in der Basilika von Kloster Eberbach in zwei Auftritten jeweils 250 Zuhörer großzügig Platz.
In schlanker Besetzung trat auch das Orchester an. Das forderte beim Dirigenten Ben Palmer mehrfaches Nachregulieren der Klangbalance heraus, zumal die Akustik der Basilika von Kloster Eberbach die Differenzierung nicht fördert. Aber Palmer ist kein Musiker, der auf Nummer sicher geht. In der ersten Beethoven-Sinfonie nahmen seine forschen Tempi keine Rücksicht auf akustische Verzögerungen. Die impulsive Art des Musizierens litt darunter nicht, und mit der kleinen Streicherbesetzung kitzelte Palmer Klangeffekte heraus, von denen die Aufmerksamkeit ebenso gefesselt wurde wie von plötzlich geschärften Bläsertönen. Der Kanon-Beginn des Andante gelang flüssig und doch als intime Kommunikation der Streicherstimmen, im Finale wirkte der Übergang zwischen den langsamen Einleitungstakten und dem Allegro wie ein Blick in die Werkstatt, in der sich die Musiker zu einem nervig pulsierenden Finale vorarbeiten.
Die sehr genaue Lesart dieser Beethoven-Sinfonie ist ein Spaß für entdeckungsfreudige Ohren. Und auch in der Begleitung von Felix Mendelssohns e-Moll-Violinkonzert setzt Palmer überraschende Akzente, ohne freilich der Solistin die Schau zu stehlen. Das wäre auch schwer gewesen, denn die junge lettische Geigerin Kristine Balanas ist an diesem Sonntagabend glänzend aufgelegt, wirkt gelassen und konzentriert zugleich, findet eine gute Balance zwischen melodischem Fluss und klarer Akzentuierung.
Und doch sind es keine selbstverliebten Effekte, mit denen die Solistin die Unverwechselbarkeit ihres musikalischen Charakters in den Vordergrund rückt. Die Interpretation scheint ganz aus dem Stück selbst entwickelt, der wandlungsfähige Klang gefällt besonders in den sonoren tiefen Lagen. Den langsamen Mittelsatz spielt Balanas mit intensiver, nicht übertrieben schwerer Tongebung, bevor sie sich keck ins Finale einschwingt, das zart startet und dann große Virtuosität offenbart, die technisch glänzt und doch nicht seelenlos wirkt. Und selbst in den Sechzehntel-Ketten des als Zugabe gespielten Presto-Teils aus Bachs h-Moll-Partita entwickelt sie noch kantigen Charakter.
Um den ist auch Ben Palmer nicht verlegen, der den Abend mit einer regelrecht ruppigen Wiedergabe von Beethovens Prometheus-Ouvertüre eröffnet. Als Zugabe hatte die Deutsche Philharmonie Merck Mozarts Figaro-Ouvertüre vorbereitet, wobei die fein abgestuften Impulse wichtiger waren als letzter Schliff in der Artikulation – auch diese Lässigkeit kann man als Zeichen besonders guter Laune lesen.