Wasser für die City-Passage

Da staunen Passanten nicht schlecht: Die Workshop-Teilnehmer transportieren heißes Wasser durch die Stadt – und werden damit Teil eines Kunstwerks in der City-Passage.Foto: Volker Watschounek  Foto: Volker Watschounek

Schon gruselig, die verlassene City-Passage. Die Rolltreppen stehen still, überall liegen Glasscherben und Müllberge. Da müsste mal dringend jemand putzen, schießt es einem...

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WIESBADEN. Schon gruselig, die verlassene City-Passage. Die Rolltreppen stehen still, überall liegen Glasscherben und Müllberge. Da müsste mal dringend jemand putzen, schießt es einem unwillkürlich durch den Kopf. Das wäre allerdings ebenso sinnlos wie die Schilder, die uns überall angähnen: „Handy-Shop“ steht da oder „Sportwetten“. Und „Post“, natürlich. Sie war die letzte Anlaufstelle, die in der Passage das Licht ausmachte: Vor zwei Jahren verlosch es auch für sie. Seitdem ist der Verbindungsweg zwischen der Fußgängerzone und der Schwalbacher Straße geschlossen.

Zwei Japaner im leeren China-Restaurant

Aber nicht mehr lange: Schon jetzt werfen die Pläne der Wiesbadener Biennale ihre Schatten voraus. Die beiden japanischen Künstler Tetsuya Umeda und Yosuke Amemiya haben bereits mit den Vorarbeiten für ihre Installation begonnen. Gemeinsam mit sieben weiteren Künstlern werden sie vom 23. August bis zum 2. September in der leeren Passage einen Parcours auf die Beine stellen.

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Amemiya, der in Berlin wohnt, und sein aus Japan angereister Kollege Umeda haben sich für das frühere chinesische Restaurant als Ort ihrer Video-Performance entschieden. Da baumeln immer noch die alten Lampion-Leuchten einsam von der Decke. „Eigentlich merkwürdig: Es gibt keine Beerdigung für Räume“, sagt Amemiya. Stimmt: Dieser Ort wurde einfach nur von der Stadt vergessen. „Hier gibt es nichts mehr – nur die Erinnerung der Menschen, die hier gearbeitet oder eingekauft haben“, meint Umeda. Das sei für ihn als Künstler leichter zu gestalten, als wenn dieser Ort eine große Geschichte hätte. So können beide ihn als Grundlage einer eigenen Geschichte nehmen.

Und die dreht sich um Wasser. Das passt zur Kurstadt und ihren heißen Quellen. Ursprünglich hätten sie geplant, in der City-Passage ein heißes Bad einzurichten, „davon gibt es viele öffentliche in Japan“. Aber sie hätten sich nun für eine Performance entschieden, die zum Teil auch auf Videos basiert, die jetzt schon entstehen. Daran sind 17 Wiesbadenerinnen und Wiesbadener beteiligt: Nach der Ausschreibung des Staatstheaters hatten sie sich beworben, an einem Workshop mit den beiden Künstlern teilzunehmen. Sie machten dabei erstaunliche Erfahrungen: Ihr Auftrag war es, mit einem Behältnis am Kochbrunnen und später auch am Bäckerbrunnen Wasser zu schöpfen und zur City-Passage zu tragen.

Aber nicht nur das: Die Gefäße nämlich reichten vom Topf – bis zum Esslöffel. Und auch damit sollte möglichst nichts verschüttet werden. „Ein Teilnehmer hat sogar die Schüssel umgedreht und die kleine Mulde im Boden als Gefäß genommen“, erzählt Martin Hammer, einer der Kuratoren der Biennale. Aber es wurde noch anspruchsvoller: Bei einer der Touren sollten die Mitwirkenden den ganzen Weg rückwärts gehen – eine ganz neue Erfahrung mitten in der Fußgängerzone. Da staunten die Passanten nicht schlecht.

Eine Performance mit Rhythmus und Ritual

Aber so ist es eben, wenn man Teil eines Kunstwerks wird. Die Videos, die dabei entstanden sind, zeigen schon viel vom Rhythmus und Ritual – beides soll sich später widerspiegeln in einer Art Rotation: Das Wasser wird gesammelt, in Eimer geschüttet und durch ein Oberlicht auf das Dach des Chinarestaurants gezogen. Um dort Grünpflanzen zu wässern. Oder so. Aber vielleicht wird das Ganze auch noch ganz anders, die Arbeit ist ja im Prozess. Und wer weiß: Am Ende wird mit dem Wasser dann doch die City-Passage geputzt. Kann man ja auch als Ritual inszenieren.