RMF: Oboist Albrecht Mayer im Gespräch mit Moderatorin Katharina Eichhoff
Von Manuel Wenda
Verlangt viel von sich und auch anderen: der Oboist Albrecht Mayer. Foto: RMF/Ansgar Klostermann
( Foto: RMF/Ansgar Klostermann)
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OESTRICH - Als Fokus-Künstler tritt der Oboist Albrecht Mayer mit unterschiedlichen Ensembles beim Rheingau Musik Festival auf: Am Vorabend seines Konzerts in Johannisberg sprach er mit der Moderatorin Katharina Eickhoff über seine Karriere, die Musik und das Thema Freundschaft, welches einen Schwerpunkt der diesjährigen Saison bildet. Überaus elegant gekleidet betrat Mayer die Kelterhalle des Rheingau Musik Festivals in Oestrich, im Plauderton begann die Konversation.
Von einer Fußball-Anekdote ausgehend entspann sich ein Gespräch voller Schärfe und Pikanterie. Mayer, das wurde rasch deutlich, verlangt viel von sich und von anderen. Er ist der wohl renommierteste Oboist der Welt, verfolgt als Solist diverse Projekte und spielt bei den Berliner Philharmonikern.
Kollegen sind weder Freunde noch Familie
Wie Mayer es mit Freundschaft halte, wollte Eickhoff wissen. Er habe in seiner jahrzehntelangen Karriere viele gute Bekannte kennengelernt, mit denen er Freundschaft schließen könne, antwortete Mayer. In Krisenzeiten hätten sich Menschen um ihn gekümmert, die er nicht jeden Tag sehe. Mayer betont: „Die Kollegen im Orchester sind weder Freunde noch Familie.“
Mit Eickhoff kam der gebürtige Franke auf den Kontrast zwischen seinem ersten Orchester, den Bamberger Symphonikern, und den Berliner Philharmonikern zu sprechen. In Bamberg wurde Mayer aufgebaut; als er Anfang der 1990er Jahre nach Berlin kam, herrschte dort der unerbittliche Geist Herbert von Karajans. In den beiden Probejahren, so Mayer, sei systematisch alles daran gesetzt worden, junge Musiker an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. Unter Karajan habe das Orchester in einer Atmosphäre der Angst gearbeitet. Mayer brachte einen verbürgten Satz, den der Österreicher einst an die Musiker richtete: „Am liebsten würde ich eine Plane über ihnen ausbreiten, sie mit Benzin übergießen und anzünden.“
Karajans Nachfolger Claudio Abbado wurde für Mayer zum wichtigsten musikalischen Mentor. Er selbst, führte er aus, und eine etwa zehnköpfige Gruppe hätten ein besonders inniges Verhältnis zu dem Mailänder gehabt. Distanz spürt Mayer zu Sir Simon Rattle und dessen egalitärem Ansatz im Umgang mit den Musikern. Er beschreibt ihn als „politically correct“. Was er damit meine, fragte Eickhoff: „Wenn Sie mit Assad, Erdogan, Gandhi und Karl-Heinz Böhm zu Abend essen und am Ende mit allen gleichermaßen befreundet sind, dann sind Sie politically correct.“ Mayer hob indes hervor, dass er nur für sich spreche. „Viele Kollegen waren unter Rattle sicher glücklich.“
Der Oboist ist kein Mann einfacher Antworten. Der Kritik an dem legendären Maestro zum Trotz meint Mayer, dass die Berliner Philharmoniker Karajan „alles verdanken“. Das Leben sei strapaziös für Dirigenten: „Ich bin sicher, dass Claudio wegen uns seinen Magen verloren hat und dass die Mähne von Sir Simon wegen uns ausgedünnt ist.“
Ein wenig Mythenbildung gab es obendrein. Er dürfe nichts verraten, aber: „Die Wahl Kirill Petrenkos zum neuen Chefdirigenten war verrückter, als wir alle uns das je vorstellen konnten.“