Eine reine Best-of-Show war noch nie das Ding der Band aus dem Grenzgebiet zwischen Kalifornien und Mexiko. Dennoch stieß der breite Genre-Mix auf Anklang beim Publikum.
WIESBADEN - Überraschungen. Das ist das Einzige, was man in einem Konzert von Calexico erwarten darf. Schließlich mögen deren beiden Köpfe Joey Burns und John Convertino selbst nach neun Studioalben, die seit der Gründung ihrer Band im Jahr 1996 erschienen sind, kein Best-Of-Programm spielen. Somit wird es selten nostalgisch in deren Shows. Aber neben Songs wie „The Black Light“, „Voices In The Field“ und „Under The Wheels“ gibt es nicht nur neuere und unbekanntere Stücke zu hören, sondern auch welche von dem aktuellen Album „The Thread That Keeps Us“.
Deren Lieder entstanden hörbar unter den niederschmetternden Eindrücken, unter denen der Sänger, Texter und Gitarrist Joey Burns steht, seitdem Donald Trump zum Präsidenten von Amerika gewählt wurde. Erstaunlich düster klingt das, was in gut abgemischten Sound aus den Boxen dringt. Wobei die Instrumente, die von den sechs Musikern, die Joey Burns und John Convertino teils seit mehreren Jahren begleiten, gespielt werden, gleich geblieben sind. Schließlich kommen bei Calexico nicht nur E-Gitarren, Pedal-Steel-Gitarren, akustische Gitarren, E-Bass und Kontrabass, sondern auch Drums, Perkussion und Keyboards zum Einsatz. Auch mischen sich Klänge von Akkordeon, Vibrafon, E-Piano und Trompeten in den vielfarbigen Sound der Band mit hinein.
Joey Burns zeigt sich seinem Publikum gegenüber wortkarg. Selten kündigt er einzelne Stücke an. Auch plaudert und bedankt er sich nur wenig für den Applaus im gut gefüllten Schlachthof.
Nicht jedes Stück ist optimal tanzbar
Etwas, das jedoch nicht betrübt. Schließlich umspült der charakteristische Sound der Band aus Tucson-Arizona die Ohren. Vor allem freilich sind es die kraftvoll schmetternden Mariachi-Trompeten von Jacob Valenzuela und Martin Wenk, welche, wie bei „Across The Wire“, die ausgefeilten Arrangements bereichern. Stilistisch bewegen sich Calexico weiterhin zwischen Indie-Rock, Country, Folk, Jazz, Tex-Mex, Latin, Psychedelic und Pop. Zu manchen ihrer Lieder kann man sogar Tango, Cha-Cha-Cha oder Rumba tanzen. Hier und dort sieht man Paare, die genau dies tun. Mitunter vermögen allzu komplizierte Rhythmen jedoch nicht, ungeübte Tänzer zu Bewegungen anzuregen. Beim spanischsprachigen „Cumbia De Donde“ ist dies freilich anders. In der Tat würde sich das sonnige Stück sogar für den Einsatz im Karneval eignen. Fast noch mehr freut es, das betage Stück „Victor Jara‘s Hands“ zu hören. Auch weil dabei deutlich wird, in welch erfrischender Weise Calexico ihre Kompositionen weiterentwickeln. Ohnehin klang diese Band live schon immer besser als aus der Konserve.
Anspruchsvolle Kompositionen
Und so werden die Musiker um Joey Burns und John Convertino wohl auch niemals müde werden, ihre Version von „Alone Again, Or“, das im Original von der Band Love stammt, zu spielen. Langweilig gerät dies nämlich nicht. Ebenso wenig wie es „Crystal Frontier“, der größte Hit von Calexico tut, nachdem sich Joey Burns mit den Worten „Vielen Dank für eine großartige Nacht“ bei den begeisterten Fans bedankt. Aber natürlich kehren die Musiker nach lauten Jubelrufen und tosenden Beifall noch einmal auf die Bühne zurück, um mit „Music Box“, „Another Space“, „Learning To Fly“ und „Güero Canelo“ ihre Zugaben zu spielen. Dabei wird bei „Learning To Fly“, dem einstigen Hit von Tom Petty and the Heartbrakers, klar, wie anspruchsvoll im Vergleich die Kompositionen und Arrangements von Calexico sind.