2000 Jahre alter Bronze-Pferdekopf in der Saalburg zu sehen
Ein antiker Pferdekopf, den Archäologen 2009 im mittelhessischen Waldgirmes ausgegraben haben, ist der Höhepunkt der Dauerausstellung „Rom in Germanien“ im Römerkastell Saalburg.
Von Sandra Trauner und Carolin Eckenfels
Restauratorin Angelika Ulbrich betrachtet den antiken Pferdekopf auf der Saalburg.
(Foto: dpa)
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BAD HOMBURG - Waldgirmes im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis ist heute ein eher beschaulicher Ort mit etwas über 3000 Einwohnern. Um das Jahr Null aber muss der Ort ein bedeutender Verwaltungssitz der Römer gewesen sein – auf germanischem Gebiet. Auf dem zentralen Platz standen vergoldete Reiterstandbilder. Sie sollten, so glauben Historiker, den Germanen Macht und Pracht des Römischen Reiches vor Augen führen.
Gut die Hälfte der acht Hektar großen römischen Siedlung haben Archäologen seit 1993 ausgegraben – und machten dabei 2009 eine sensationelle Entdeckung: einen rund 2000 Jahre alten Pferdekopf aus vergoldeter Bronze, 15 Kilogramm schwer, 59 Zentimeter lang und erstaunlich gut erhalten. Der Fund überdauerte die Zeit – ohne Kontakt mit Luft und Licht – auf dem Boden eines Brunnenschachtes unter Mühlsteinen in einem Holzfass, elf Meter unter der Erde.
„Fund von Weltrang“ in beleuchteter Vitrine
Archäologen sprachen von einem „Fund von Weltrang“ wie die Himmelsscheibe von Nebra oder der Keltenfürst vom Glauberg. Jahrelang wurde der Kopf restauriert, das hessische Wissenschaftsministerium beziffert die Restaurierungskosten auf 75 000 Euro. Dabei habe „die langfristige Erhaltung“ im Vordergrund gestanden und nicht die historische Rekonstruktion. Es wurde also nichts neu vergoldet, was zum Zeitpunkt des Fundes nicht mehr golden war.
Zum ersten Mal seit der Entdeckung vor neun Jahren kann sich nun jedermann, wie bereits kurz berichtet, den fein gearbeiteten Pferdekopf in einer beleuchteten Vitrine ansehen. Er ist der Höhepunkt der neuen Dauerausstellung über „Rom in Germanien“ im Römerkastell Saalburg. Das Museum liegt direkt am Limes, der Außengrenze des Römischen Reiches. Daher sei die Saalburg „für den Pferdekopf der ideale Ausstellungsort“, sagte Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU), als der Kopf am Freitag feierlich enthüllt wurde. Am Sonntag wurde die Ausstellung dann mit einem Familientag eröffnet.
Im zentralen Raum der Ausstellung wird auch die Geschichte des Fundes erzählt. Ein Banner zeigt die Größe des Pferdes, auf dem vermutlich Kaiser Augustus saß; ein deckenhohes Foto zeigt einen Querschnitt durch den Brunnen. In einer zweiten Vitrine sind Teile von weiteren Reiterstandbildern zu sehen, die in Waldgirmes gefunden wurden: ein Huf, ein Stück vom Zaumzeug, Teile des Körpers. Die Puzzleteile passen aber nicht zusammen, Archäologen gehen daher davon aus, dass mehrere Reiterstandbilder in der Siedlung Eindruck schinden sollten.
Lange währte der Glanz aber nicht. Die Siedlung soll etwa 4 v. Chr. gegründet und schon 16 n. Chr. wieder aufgegeben worden sein. Obwohl zu dieser Zeit (9 n. Chr.) die Varusschlacht zwischen Römern und Germanen stattfand, lebten beide Völker doch lange Zeit friedlich zusammen, wie der Leiter des Saalburg-Museums, Carsten Amrhein, bei der Vorabbesichtigung erklärte.
Was die Römer von den Germanen hielten, zeigt ein Zitat des römischen Historikers Tacitus, das neben dem Pferdekopf an der Wand steht: „Wer hätte nach Germanien ziehen sollen, dem hässlichen Land mit seinem rauen Klima, traurig zum Leben und Anschauen für jeden, dem es nicht Heimat ist.“
Juristische Auseinandersetzungen
Berühmt machten den Pferdekopf nicht nur seine Bedeutung, sondern auch juristische Auseinandersetzungen. Nach damaliger Rechtslage stand dem Besitzer des Grundstücks, auf dem der Pferdekopf gefunden wurde, die Hälfte des Werts zu. Im Juli sprach das Landgericht Limburg dem Landwirt 773 000 Euro zu, 48 000 Euro hatte er bereits 2016 erhalten. Das Land Hessen kann aber noch in Berufung gehen. Ob es das tut, ist noch nicht entschieden. Rhein ließ am Freitag offen, ob das Land den Fall vor das Oberlandesgericht Frankfurt trägt. Man schaue sich die Urteilsbegründung und die Gutachten genau an, sagte Rhein: „Da sind noch sehr viele Fragen offen.“ Viel Zeit bleibt nicht mehr: Die Frist, bis zu der Berufung eingelegt werden kann, endet am 27. August.
Nicht alle dürften mit der Lösung, den Pferdekopf dauerhaft in Bad Homburg zu zeigen, glücklich sein. Der Förderverein „Römisches Forum Waldgirmes“ würde den Pferdekopf gerne am Fundort präsentieren. Es herrsche Konsens darüber, dass dies nicht auf Dauer möglich sei, sagt der Vorsitzende Wilfried Paeschke, allein schon aus Sicherheitsgründen. Der große Wunsch an das Land Hessen sei aber, dass das wertvolle Stück wenigstens für einige Tage gezeigt werde. Rhein wollte sich dazu am Freitag nicht festlegen. Denkbar sei auch, eine Replik am Fundort zu zeigen. Wer den echten Kopf sehen will, sollte sich beeilen: Mitte November wird er erst mal für sechs Wochen für eine Schau über „Archäologie in Deutschland“ im Martin-Gropius-Bau nach Berlin ausgeliehen.