"Ich bin mit dem Polizeiruf und mit Katrin König noch nicht fertig"
Seit 2010 ermittelt Anneke Kim Sarnau für den NDR im "Polizeiruf 110" Rostock – bis Anfang des Jahres gemeinsam mit Charly Hübner. Hübner verließ die Reihe nach 24 gemeinsamen Filmen nun, aber für Sarnau geht die Reise als Ermittlerin Katrin König weiter. Ihre neue Partnerin ist Lina Beckmann in der Rolle der Melly Böwe.
Von Kirsten Ohlwein
Hat noch viel vor: Anneke Kim Sarnau ist Katrin König.
(Foto: NDR/Christine Schroeder)
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Im Interview erläutert Sarnau, wieso sie mit dem "Polizeiruf 110" aus Rostock weitermacht und was den Zuschauer mit dem neuen Team im ersten gemeinsamen Film "Seine Familie kann man sich nicht aussuchen" (Sonntag, 24. April, 20.15 Uhr im Ersten) erwartet.
Frau Sarnau, Sie sagten kürzlich, Sie haben nach Bekanntgabe von Charly Hübners Ausstieg auch kurz überlegt, aufzuhören. Aus welchen Gründen haben Sie sich dazu entschieden, weiterzumachen?
Anneke Kim Sarnau: Ich war erst mal so überrumpelt. Als Charly sagte, dass er aussteigt, dachte ich: Na gut, das war's dann jetzt. Ende. Damit muss ich mich jetzt irgendwie auseinandersetzen. Dann merkte ich aber im Zuge der Beschäftigung, dass ich mit dem "Polizeiruf" und mit Katrin König noch gar nicht fertig bin. Für mich sind auch in der horizontalen Erzählung in Bezug auf Katrin König wichtige Aspekte noch gar nicht geklärt. Ich habe einfach auch noch so viel Bock drauf, da hinzugucken und Katrin König noch weiter zu begleiten. Das habe ich dann so geäußert, und Gott sei Dank hatten die Verantwortlichen auch Lust, weiterzumachen.
Welche Aspekte reizen Sie nach zehn Jahren an der Rolle der Katrin König noch?
Sarnau: Für die Kriminalfälle und die Kriminalarbeit muss ich mir immer wieder einen Punkt suchen, um Katrin König als Person einbringen zu können. Mich reizt immer noch sehr ihre Geschichte. Das ist ja das Tolle an unserer Horizontalen, dass die Figuren immer irgendwie in emotionalen Ausnahmesituationen waren oder sind. Es war immer Bewegung drin. Und je nachdem, wie es Katrin König privat geht, geht sie auch anders an die Fälle heran. Das liebe ich am "Polizeiruf".
Ich dachte: Wenn da privat für König noch eine Herausforderung kommt, dann macht das auch Spaß, im Fall zu sein, zu ermitteln. Wenn das Ganze dann auch noch mit Lina passieren darf, die ich für die Position wirklich am allerbesten finde, dann macht es natürlich noch viel mehr Spaß.
Lina Beckmann und Sie haben schon im ersten gemeinsamen Film eine tolle Chemie. War diese Chemie von Anfang da oder mussten Sie beide diese sich erarbeiten?
Sarnau: Wenn ich irgendwelche größeren Zweifel an Linas Besetzung gehabt hätte, hätte ich nicht Ja zu der Kombination gesagt. Ich bin ein absoluter Bauchmensch, und als ich gefragt wurde, ob ich mir das mit Lina Beckmann vorstellen kann, war mein erster Impuls sofort: "Ja, klar, sofort, super." Ich habe mich dann selbst noch mal gebremst und eine Nacht drüber geschlafen, aber am nächsten Tag war die Haltung gleich. Ich habe dann signalisiert, dass ich sehr viel Lust darauf hätte. Und es war von Anfang an total toll miteinander.
Wir haben viel Zeit in den Besprechungen miteinander verbracht und gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge sind. Wir finden uns witzig, wir respektieren einander. Im Spiel aufeinanderzutreffen war aufregend und sehr bereichernd und schön. Im zweiten Film ("Daniel A.") ist es sogar noch besser, weil wir uns schon kannten. Wir haben kleine, dezente, lustige, subtile Momente miteinander. Das hat so viel Spaß gemacht, das zu drehen! Eigentlich sind alle Momente im Film mit Melly der Knüller und mit Melly und dem Team;, Pöschel, Röder und Thiesler.
Wie war die Zusammenarbeit mit Regisseur Stefan Krohmer?
Sarnau: Mit Stefan zu drehen, war ein bisschen wie ein Familientreffen. Denn wir kennen uns schon wirklich ewig und haben zusammen so einiges umgesetzt. Ich hatte ihn jahrelang nicht gesehen und fand es verrückt, dass er dann in dieses Format kam. Das war toll.
Ein bisschen schwebt natürlich noch eine Bukow-Wolke über allem im nächsten Film. Wie wird das für Katrin König weitergehen? Wie geht es ihr?
Sarnau: Da muss ja noch eine Wolke sein. Das war eine Liebe, die hat sich über zehn Jahre aufgebaut. Das war eine innige Verbindung mit so vielen intensiven Momenten. Die Figuren haben sich gegenseitig in ihren schwächsten Augenblicken erlebt. Wenn man das nun komplett gestrichen hätte, wäre das sehr lieblos gegenüber den Figuren und ihrer Beziehung zueinander gewesen. Ich hatte mir aber für Katrin König vorgenommen, dass sie nicht nur in dieser Trauer steckt, sondern dass sie sich auf die Arbeit konzentriert, so, wie es Bukow und König besprochen hatten, bevor er ging.
Beim Aufstellen der Figuren merkte ich relativ schnell: Katrin König ist auch richtig wütend auf Bukow. Dass er sich so vom Acker macht, das findet sie einfach richtig scheiße. Aber gleichzeitig ist das auch ein Motor für sie, sich noch mehr in die Arbeit zu stürzen und eben wieder der Profi zu werden, der sie mal gewesen ist, bevor sie diesen "Sack" kennengelernt hat. Ausgerechnet dann kommt ihr eine aus der Bukow-Familie in die Quere. Es ist eine schöne Aufgabe für Katrin König, da dann ruhig zu bleiben, nicht auszuticken. Da der "Polizeiruf" aber ja weitergeht, spielt Bukow natürlich irgendwann nur noch peripher eine Rolle. Jetzt geht es um uns, um Melly und Katrin.
Was glauben Sie, wie wird das Publikum auf die neue Paarung reagieren?
Sarnau: Ich hoffe, dass das Publikum diese Änderungen annimmt und sich freut und Lust auf uns hat. Ich hoffe auch, dass der zweite Film zeitnah gezeigt wird, damit die Zuschauer einen noch besseren Eindruck vom neuen Team bekommen, dranbleiben und Lust haben, sich das weiter anzuschauen.
"Daniel A." ist im Grunde erst die richtige Einführung der Kommissarin Melly Böwe...
Sarnau: Ja! Wir sehen Mellys Ankommen im Revier, wir sehen den Umgang des Teams mit der neuen Kollegin, die so anders ist als Bukow und auch sehr anders als König. Wir sehen aber auch, dass Böwe und König professionell miteinander umgehen, sich schätzen, sich ergänzen. Trotzdem gibt es aber natürlich immer wieder Momente, in denen sie vielleicht an der anderen zweifeln und sich fragen, wieso die andere so tickt, wie sie tickt. Ich glaube, es macht Spaß, diesen Frauen, die ja auch in so unterschiedlichen Lebenssituationen stecken, zuzuschauen. Das finde ich cool. Und das hat es so, glaube ich, noch nicht oft genug im Fernsehen gegeben. Wir sehen, wie die beiden jeweils für sich mit dem Leben umgehen, wie sie sich begegnen, überschneiden und auch abstoßen. Wie sie humorvoll, dramatisch, unterhaltsam sind.
Zum Abschluss eine theoretische Frage: Angenommen, der "Polizeiruf"-Ableger wäre mit dem Ausstieg Charly Hübners beendet worden: Welches Ende hätten Sie sich für Bukow und König gewünscht?
Sarnau: Die beiden heiraten. Dann setzen sie sich auf ein Segelboot. Sie haben Schampus dabei und betrinken sich. Dann gehen sie über Bord und ertrinken. Und das Boot zieht auf dem langsam ruhig werdenden Gewässer einfach weiter.