Kunst im Zeichen der Corona-Pandemie: Frische Werke aus den Ateliers von neun Künstlern zeigt die Galerie bis 26. September.
KOSTHEIM. Die Corona-Pandemie mit all ihren Konsequenzen bedeutete für die Kunst- und Kulturszene eine Zäsur. Abgesagte Ausstellungen, prekäre Situationen, ins Digitale verlagerte Werkschauen. Auch die Kostheimer Davis-Klemm-Gallery war gezwungen, auf die Situation zu reagieren und ihre Pläne in diesem Jahr zu ändern. So hätte es die aktuelle Ausstellung „Nagelneu – Kunst aus dem Jahr 2020“ ohne Corona und den Lockdown nicht gegeben. Am vergangenen Freitag öffnete sie für Besucher. Auf spannende und nachhaltige Weise offenbart die Ausstellung, wie die Pandemie die Arbeit und Sichtweisen der Künstler seither verändert hat. Denn obwohl es Kunstschaffende gewohnt sind, alleine und isoliert in ihren Ateliers zu arbeiten, mussten sie sich anpassen und kreativ zeigen. So wie die Kölner Künstlerin Katharina Gierlach. Im Sommer 2019 erhielt sie den Auftrag, alle Heimspiele des FC Köln zu malen. Bis Anfang März war sie wöchentlich live vor Ort und malte im Stadion, bis Corona kam und die Spiele nicht mehr vor Publikum stattfinden konnten. Ab dem 26. Spieltag musste Gerlach die Spiele vor dem TV-Gerät malen. „Sie hatte fortan den Blick des Kameramanns, und ihre Perspektive auf die gesamte Saison änderte sich. Wie sie sich für uns alle änderte“, sagt Galeristin Erika Davis-Klemm. Gierlachs 16 Ölbilder „zeigen den Verlauf einer ungewöhnlichen Spielzeit“.
Dass auch wir als Betrachter Kunst neu wahrnehmen, verdeutlichen die Bilder von Konrad Winter. Obwohl sich durch Corona viel verändert hat und wir unseren Alltag ganz neu erlebten, gibt es unveränderte Konstanten. Winters Werke zeigen eine farbintensive, sonnenbeschienene Naturidylle und Wildtiere. Die Botschaft (seit Corona): Über den Frühling und die langsam erwachende Natur konnten wir uns trotz aller Krisen in der Welt freuen. Die Natur und die Jahreszeiten zeigen sich von alledem unberührt.
So flirrend und traumwandlerisch Winters Bilder erscheinen, so klar und reduziert wirkt die Kunst des Briten Julian Opie. Die Galerie präsentiert Exponate aus seiner 2020er-Edition „Standing People“. Wir sehen zweierlei: einerseits umherlaufende Passanten, andererseits wartende und dicht beieinanderstehende Personen. Opies Darstellungen entstanden vor Corona. Jetzt, über drei Monate nach dem Corona-Lockdown, denkt man beim Anblick der Figuren an die Zeit vor Hygiene- und Abstandsregeln. Die filigranen, fein gearbeiteten Werke der Berlinerin Marion Eichmann wecken noch ganz andere Assoziationen. „Nagelneu“ zeigt zwei Aktkunstwerke. Aus Papier gefertigte, realitätsnah dargestellte Frauen, deren Blick sich dem Ausstellungsbesucher nicht eindeutig erschließt. Allerdings laden die Arbeiten dazu ein, die Sicht auf den eigenen Körper zu reflektieren. Und wie sich dieser in Zeiten von geschlossenen Fitnessstudios und Homeoffice verändert hat (Stichwort: „Corona-Kilos“).