Donnerstag,
29.08.2019 - 13:01
4 min
"Lachen ist einer der größten Werte überhaupt im Leben"

Von Daniel Holzer
Redakteur Leben/Wissen

Der neue Unterhaus-Chef Stephan Denzer. Foto: Sascha Kopp
Das Unterhaus hat inzwischen über 50 Jahre auf dem Buckel. Doch noch immer ist es eine der wichtigsten deutschen Kleinkunst-Bühnen. Seit dieser Saison hat die Mainzer Institution einen neuen Geschäftsführer. Stephan Denzer brachte als Teamleiter des Bereichs Comedy und Kabarett mit Sendungen wie der "Anstalt" und der "heute-Show" das ZDF in neue Humor-Höhen. Im Interview erzählt der 51-Jährige, warum ihn die neue Aufgabe so reizt und was er mit dem Unterhaus vorhat.
Nach 25 Jahren beim Öffentlich-Rechtlichen erfolgte Ihr Wechsel ins Unterhaus. Warum haben Sie sich vom TV verabschiedet?
Was ich beim ZDF erreicht habe, hätte ich mir vorher niemals träumen lassen. Aber ich wollte einfach auch eine neue Aufgabe, Herausforderung. Das ZDF ist im Bereich Satire so gut aufgestellt, sodass eine weitere neue Satire-Sendung aufzulegen oder die bestehenden weiter zu pflegen für mich wenig reizvoll war. Ich will neue Dinge erleben und erreichen. Dieser Drang war so stark, dass ich mich entschieden habe, das Angebot des Unterhauses wahrzunehmen.
Was nehmen Sie aus Ihrer alten Tätigkeit mit ins Unterhaus?
Ich glaube, dass ich den Markt sehr gut kennengelernt habe und in der Lage bin, eigene Ideen zu entwickeln. Erahnen zu können, was die Leute interessiert, ist mir bisher ganz gut gelungen. Wenn ich das mit ins Unterhaus bringen kann und außerdem ein Gespür dafür entwickle, was Mainz interessiert, dann wäre das eine gute Grundlage. Mein Ziel ist es, nicht nur eine Bühne zu betreiben. Es soll auch ein Entwicklungslabor für neue Formate und Künstler sein.
UNTERHAUS
Münsterstraße 7, Mainz
Informationen zum Programm
und Kartenvorverkauf unter
06131-232121,
www.unterhaus-mainz.de
Woher kommt Ihre Leidenschaft für Kabarett und Comedy?
Das ist sicher ein genetischer Defekt. Solange ich denken kann, habe ich Humor geliebt. Für mich ist das Lachen einer der größten Werte überhaupt im Leben. Deshalb ist es wie eine Mission für mich, Menschen originell und kreativ zum Lachen zu bringen.
Ist das in politisch und gesellschaftlich unruhigen Zeiten wie heute umso wichtiger?
Ja, es wird aber auch immer schwieriger. Sie haben so viele Politiker, die selbst Komiker sind. Das macht die Arbeit für Satiriker nicht unbedingt leicht. Ein Stilmittel der Satire ist die Überzeichnung. Aber was wollen Sie bei Leuten wie Donald Trump und Boris Johnson noch großartig überzeichnen? Da besteht leicht die Gefahr, dass man in eine Art Brandbeschleuniger-Modus kommt und wie soll man etwas kultivieren, wenn es überall brennt?
Haben Sie eine Lieblingssparte im Bereich Kabarett/Comedy?
Ich liebe Sitcoms und Comedy-Serien. Das fasziniert mich persönlich am meisten. Da sehe ich gerade in Deutschland auch immer noch viel Entwicklungspotenzial. Wir haben hier eine große Krimi-Tradition, aber nur wenige Sitcoms oder Comedy-Serien, die wirklich überzeugen. In dem Segment können wir noch viel von den USA lernen, die uns da weit voraus sind. Wir haben leider noch kein deutsches Format wie "30 Rock" oder "Modern Family".
Wie haben Sie das Unterhaus in Ihrer Zeit beim ZDF wahrgenommen?
Vor allem als eine Bühne mit großer Tradition, wo großartige Künstler aufgetreten sind und geschmiedet wurden. Ich habe aber auch immer die Potenziale gesehen, die man noch weiter entwickeln könnte. Ein Beispiel, so seltsam das jetzt auch klingt, ist die Verbindung von gegensätzlichen Welten wie dem Theater und dem Web. Ich glaube, dass die positiven Erfahrungen, die ein Künstler mit Livepublikum machen kann, sich durchaus für das Internet adaptieren lassen. Da muss man mal schauen, was alles möglich ist.
Sie wollen das Haus in die Zukunft führen. Ist die Bausubstanz schon fit dafür?
Überhaupt nicht. Wir müssen rein baulich dringend etwas verändern und stehen da vor einer großen Investition. Im Unterhaus ist von den Decken bis zu den Böden alles mittlerweile veraltet und muss renoviert werden. Das kann ich ohne Unterstützer und Sponsoren nicht schaffen. Ich brauche Menschen, die Humor und Lachen als Werte schätzen, das Unterhaus als idealen Ort dafür sehen und bereit sind, das zu fördern und mitzutragen.
Was ist Ihre Agenda für das Unterhaus?
Ich habe ein Ziel vor Augen, kann aber noch nicht den Weg dahin beschreiben. Ich werde mit vielen Mainzern und vor allem jungen Mainzern reden und versuchen, die besten Ideen und Talente zusammenzubringen. Daneben richte ich den Blick natürlich auch über Mainz hinaus, um die nächsten Stars der Kabarett- und Comedyszene zu finden. Das ist sicher eine schwierige, aber auch sehr spannende Aufgabe.
Sie wollen also verstärkt auf die Jugend setzen?
Ich will allen etwas bieten. Das Unterhaus hat ein Stammpublikum, das ich natürlich unbedingt halten möchte. Das politische Kabarett im Großen Haus wird also weiterhin das Rückgrat sein. Es gibt daneben aber noch genügend Raum und Möglichkeiten, um auch den nächsten Generationen mit neuen Formaten viele spannende Anreize zu bieten, ins Unterhaus zu kommen.