Von Maike HessedenzMAINZ - Das städtische Leben steht für diese 30 Minuten still. Einzig die größte Glocke des Mainzer Domes, die Martinus-Glocke schlägt. Es ist 14.06 Uhr am Mittwochnachmittag. In der Augustinerstraße und in den Altstadtstraßen bis zum Liebfrauenplatz sind es Tausende, die Kardinal Karl Lehmann auf seinem letzten Weg begleiten und verabschieden möchten. Die Stadt trägt Trauer. Die Flaggen in der ganzen Stadt sind mit schwarzem Flor versehen, viele Läden bekunden im Schaufenster ihre Trauer über den Tod Kardinal Lehmanns.
350 Priester sind nach Mainz gekommen
350 Priester aus ganz Deutschland, teils auch aus der ganzen Welt sind nach Mainz gekommen, um Abschied zu nehmen von Kardinal Karl Lehmann, der 33 Jahre lang Bischof von Mainz und 21 Jahre lang Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz war. Von der Mainzer Augustinerkirche aus, wo er eine Woche lang aufgebahrt war, tritt er seine letzte Reise an. Priester, Bischöfe, Kardinäle und seine Angehörigen sind es, die in der Mainzer Seminarkirche ein letztes Mal für ihn beten, bevor er seinen Weg in den Dom antritt. Die Kirche ist mit Priestern und Angehörigen bis auf den letzen Platz gefüllt. Bischof Peter Kohlgraf, Hauptzelebrant des Requiems im Dom und Nachfolger Kardinal Karl Lehmanns als Bischof von Mainz steht nahezu alleine vor dem einfachen Holzsarg, in den Kardinal Karl Lehmann gebettet wurde. Er wirkt bewegt aber gefasst. Es dürfte auch für ihn kein leichter Tag sein. Bischof Peter Kohlgraf feiert heute seinen 51. Geburtstag.
Es dauert Minuten, bis die hunderten Priester, Messdiener und Domschweizer aus der Augustinerkirche herausgetreten sind. Die Augustinerstraße ist bis zum Leichhof ein Meer aus Messgewändern und Mitren. Als die letzten Priester die Kirche verlassen, setzt sich der Leichenwagen, der einige Meter weiter gewartet hat, in Bewegung, hält vor dem Kirchenportal an. Sechs Männer tragen den Sarg aus der Kirche, legen ihn in den gläsernen Wagen. Anschließend treten die Angehörigen des Kardinals aus der Kirche. Der Trauerzug zieht langsam Richtung Dom. Die Stille, die in diesen Minuten in der Stadt herrscht, ist fast mit Händen zu greifen. Bewegt und andächtig stehen die Ladeninhaber in den Eingängen ihrer Häuser, Zuschauer reihen sich in den Trauerzug ein - auch, wenn das eigentlich nicht vorgesehen war. Aber wer wollte den Menschen das letzte Geleit für Kardinal Lehmann verwehren?
Andächtig und würdevoll
Viele Polizisten sind im Einsatz; dennoch hat der Trauerzug etwas sehr Andächtiges und Würdevolles. Über den Leichhof, das Höfchen, vorbei am Haupteingang des Domes am Markt zum Liebfrauenplatz schreiten die Priester. Hinter ihnen fährt Kardinal Lehmann ein letztes Mal durch seine Stadt. Es sind unbeschreiblich emotionale Momente.
Am Bischofsportal auf dem Liebfrauenplatz wird der Sarg Kardinal Lehmanns in den Dom getragen, zu seinem Platz vor dem Altar, wo er während des Gottesdienstes bleibt. Auf dem Liebfrauenplatz ist es voll, rund 1300 Menschen verfolgen dort die Übertragung des Requiems. Ebenso viele Menschen sind im Dom, doch wer im Kreuzgang dem Requiem folgen möchte, hat nach wie vor Zutritt.
Erst am Ende des Requiems wird Kardinal Lehmann in die Bischofsgruft gebracht, wo er seine letzte Ruhe in den Grabkammern der Bischöfe finden wird. Er wird direkt über seinem Vorgänger, Kardinal Hermann Volk, beigesetzt.
Noch mehr Nachrichten aus der Region lesen? Testen Sie kostenlos 9 Tage das Komplettpaket Print & Web plus!
Bitte loggen Sie sich ein, um einen Kommentar zu diesem Artikel zu verfassen. Debatten auf unseren Zeitungsportalen werden bewusst geführt. Kommentare, die Sie zur Veröffentlichung einstellen, werden daher unter ihrem Klarnamen (Vor- und Nachname) veröffentlicht. Bitte prüfen Sie daher, ob die von Ihnen bei ihrer Registrierung angegebenen Personalien zutreffend sind.
Die Zeichenzahl ist auf 1700 begrenzt. Die Redaktion behält sich vor, den Kommentar zu sichten und zu entscheiden, ob er freigeschaltet wird. Kommentare mit rechts- oder sittenwidrigen Inhalten, insbesondere Beleidigungen, nicht nachprüfbare Behauptungen, erkennbare Unwahrheiten und rassistische Andeutungen führen dazu, dass der Kommentar im Falle der Sichtung nicht freigeschaltet, ansonsten sofort gelöscht wird. Wir weisen darauf hin, dass alle Kommentare nach einigen Wochen automatisch wieder gelöscht werden.
Die Kommentare sind Meinungen der Verfasser.