Von Caroline Friedmann Gerade wenn es an der Zeit ist, „gute Nacht“ zu sagen, drehen viele Kinder erst richtig auf. Manche wollen einfach nicht einschlafen und wieder andere verlangen nachts immer wieder nach Mama oder Papa. Das ist im Grunde auch kein Wunder. Denn schließlich bedeutet schlafen nichts anderes als eine vorübergehende Trennung von den Eltern. Und die fällt vielen Kindern nicht gerade leicht.
Doch Schlafprobleme bei Kindern können auch für die Eltern zu einer Belastungsprobe werden. Und dauerhafter Schlafmangel kann Eltern und Kinder an ihre körperlichen und psychischen Grenzen bringen. Doch meist liegt das Problem nicht unbedingt beim Kind – oder zumindest nicht bei ihm allein. Auch Eltern können einiges dafür tun, um wieder einigermaßen ruhig schlafen zu können.
Biorhythmus nach einigen Monaten ausgereift
Zwar benötigt ein Säugling noch regelmäßig Nahrung und wacht daher ganz selbstverständlich nachts auf, nach einigen Monaten ist der Biorhythmus aber ausgereift. „Mit sechs Monaten kann ein Kind nachts ohne Nahrung auskommen, manche auch schon früher“, sagt Schlafberaterin Anika Hempel vom Familienzentrum Familie³ in Korb (Baden-Württemberg). Entsprechend sei ein Kind auch schon frühzeitig fähig durchzuschlafen. Dafür sei jedoch eine tägliche Routine wichtig. So sollten Kinder immer zu einer ähnlichen Zeit aufstehen. Sie sollten wissen, wann es Essen gibt, wie die Nachmittagsgestaltung aussieht, wann gespielt wird und wann Schlafenszeit ist. „Für Kinder ist eine Regelmäßigkeit wichtig, damit sie ihren Biorhythmus finden“, erklärt Hempel.
Wichtig für eine erholsame Nachtruhe sei auch die „Schlafbiologie“ der Kinder. So schliefen manche Kinder schlicht zu viel oder zu wenig oder seien vor dem abendlichen Zubettgehen nicht lange genug wach. Außerdem hätten Eltern oft falsche Vorstellungen, was den Nachtschlaf ihres Kindes betreffe. „Kinder haben bis etwa 24 Uhr einen tiefen Schlaf, in der zweiten Hälfte der Nacht einen sehr oberflächlichen, weil da die Entwicklung stattfindet“, sagt die Schlafberaterin. „Deshalb ist es ganz normal, wenn ein Kleinkind zum Beispiel nachts im Bett herumkrabbelt.“ Auch wenn ein etwa zweijähriges Kind regelmäßig nachts ins Bett der Eltern kriecht, ist das laut Anika Hempel ganz typisch. „Kinder in diesem Alter verstehen plötzlich Dinge, die sie vorher nicht verstanden haben. Daher brauchen sie, wenn sie nachts aufwachen, einfach die Begleitung und Nähe der Eltern.“
Wenn Kinder abends Schwierigkeiten haben, in den Schlaf zu finden, kann das aber auch daran liegen, dass der Tag sehr aufregend war. Vor allem kurz vor dem Zubettgehen kann zu viel Aufregung zu schlaflosen Nächten führen. Abends sei daher eher ruhiges Spielen angesagt, am besten in einem etwas abgedunkelten Zimmer. Auch eine Gutenachtgeschichte oder ein kurzes Lied seien zum Einschlafen geeignet.
Generell, sagt die Schlafberaterin, könnten auch Gewohnheiten und Handlungen der Eltern den Schlaf des Kindes negativ beeinflussen. So könnten Streite oder Diskussionen das Kind beunruhigen und den Schlaf behindern. Außerdem, erklärt Hempel, würden viele Eltern unbewusst eigene Vorlieben aus der Kindheit auf das Kind übertragen. „Zum Beispiel begleiten sie ihr Kind bis in den Schlaf, bleiben also bis zum Einschlafen an dessen Bett – und das tun sie, weil sie das selbst als Kind so erlebt und als positiv empfunden haben“, sagt Hempel.
Auch äußere Faktoren wie Lärm, Licht oder eine zu hohe Zimmertemperatur können den Schlaf des Kindes stören – ebenso wie diese Dinge auch einem Erwachsenen den Schlaf rauben können. Außerdem spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. „Manches Essen liegt einfach schwer im Magen und verhindert das Einschlafen“, erklärt die Diplom-Pädagogin. „Und zu viel Zucker kratzt die Kinder auf.“ Natürlich können auch körperliche Beschwerden oder Erkrankungen unangenehme Schlafstörer sein. In diesen Fällen, sagt Hempel, sollten Eltern aber einen Arzt aufsuchen.
Nachtschreck im Alter von zwei bis sechs Jahren
Häufig sind im Kindesalter auch Aufwachstörungen wie Schlafwandeln oder ein „Nachtschreck“. Der Nachtschreck, der Pavor nocturnus, gilt als eine der häufigsten Aufwachstörungen bei Kindern und tritt meist im Alter von zwei bis sechs Jahren auf. Typisch für dieses Phänomen: Mitten in der Nacht fängt das Kind plötzlich panisch an zu schreien und laut zu weinen. Oft sitzt es schweißgebadet und mit schnellem Puls in seinem Bettchen. Jeder Versuch der Eltern, es zu beruhigen, indem sie das Kind auf den Arm nehmen, es streicheln oder auf es einreden, scheitert. Viele Kinder stoßen ihre Eltern sogar weg oder schlagen wild um sich. Betroffenen Eltern kann der Pavor nocturnus einen ordentlichen Schrecken einjagen. Doch nach ein paar Minuten ist der Spuk plötzlich vorbei. Das Kind beruhigt sich und schläft schnell wieder ein. Und am nächsten Morgen kann es sich an nichts mehr erinnern. So gruselig das auch klingen mag – der Nachtschreck ist völlig harmlos. Das Kind trägt weder einen körperlichen noch einen seelischen Schaden davon.
Dennoch können sich Eltern, die unter den Schlafproblemen ihres Kindes leiden oder sich Sorgen um ihr Kind machen, professionelle Hilfe holen. „Wenn man sagt, man kann nicht mehr oder wenn der Alltag nicht mehr funktioniert, sollte man etwas tun“, so Hempel. Die häufigsten Probleme, mit denen sich Eltern an sie wenden, beträfen Babys und Kleinkinder. „Für viele Eltern ist häufiges Stillen in der Nacht ein Problem, oder wenn das Kind lange braucht, um einzuschlafen“, sagt sie.
So individuell die Probleme seien, so individuell seien auch die Lösungen, meint die Schlafexpertin. Daher schaue sie sich alle Schlafsituationen, Rituale und Tagesabläufe der Familien ganz genau an. „Meistens gibt es dann Auffälligkeiten wie eine fehlende Routine“, sagt sie. Oft ist ein einzelnes Zahnrädchen ausschlaggebend, deshalb muss man genau nach der Ursache schauen und nach einer Lösung suchen.
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